Bremse
Die Erfindung der Bremse ist vermutlich so alt wie die Erfindung des Fahrzeugs selbst. Zumindest müsste sie kurz danach gekommen sein, als man feststellte, dass es den Füßen nicht gut tut, sie in voller Fahrt gegen den Untergrund zu stemmen.
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Wirkungsweise
Ein rollendes Fahrzeug enthält kinetische Energie. Ohne Roll- und Luftwiderstand würe es sich ewig in die selbe Richtung bewegen. Um es anhalten zu können, muss diese kinetische Energie in irgendeiner Form umgewandelt und damit dem bewegten Fahrzeug entzogen werden.
Die Methode „Fuß-am-Boden“ ist im Prinzip eine primitive Bremse: Der Fuß erzeugt erhöhte Reibung, die Bewegung wird in Wärme umgewandelt. Dieses Prizip „Kinetische Energie zu Wärme− war lange Zeit bauartbestimmend für Bremssysteme.
Begriffsbestimmung
In der Benennung tauchen unterschiedliche Kriterien auf. Manche Bezeichnungen beziehen sich auf die Wirkungsweise einer Bremse, andere auf die Ansteuerung. So schließen sich z. B. die Begriffe „Klotzbremse“ und „Saugluft-Bremse“ nicht gegenseitig aus.
Als Ansteuerung kommen im Wesentlichen folgende Prinzipien in Betracht:
- mechanisch - direkte Betätigung durch Hebel, z. B. Pferdefuhrwerk, Kett-Car, Fahrrad, alte Güterwagen mit Bremser-Bühne
- hydraulisch - Kraftübertragung durch Röhren, die mit einer geeigneten Flüssigkeit gefüllt sind, z. B. PKW und Motorräder
- pneumatisch - Kraftübertragung durch Röhren, die mit Luft gefüllt sind, z. B. LKW, Schienenfahrzeuge
- elektrisch - indirekte Betätigug der Bremseinrichtung durch vorgeschaltete elektrische Apparatur, z. B. Magnetschienenbremse
Ferner - und nur der Vollständigkeit halber erwähnt - gäbe es noch andere Möglichkeiten, ein Fahrzeug zu verlangsamen und zum Stilltand zu bringen, einige sind jedoch für den Eisenbahnverkehr (um den es ja hier hauptsächlich geht) völlig unpraktikabel, so dass wir sie hier nur streifen können.
- Schubumkehr - Eine Methode, die für Flugzeuge geeignet ist. Das Prinzip "Kinetische Energie zu Wärme" gilt hier nicht. Vielmehr wird hier "Feuer mit Feuer" bekämpft. Dem Vorwärtsdrang des Flugzeuges wird eine gleichstarke Kraft entgegensetzt, die beiden Kräfte neutralisieren sich.
- Bremsfallschirm - Ebenfalls für Flugzeuge/Raumfähren und gelegentlich für raktengetriebene Landfahrzeuge verwendet. Hier wird der Luftwiderstand extrem erhöht, um ein Fahr-/Flugzeug zu verlangsamen. Für Straßen- und Schienen-Fahrzeuge eher ungeeignet, da sich die Verzögerung nur schlecht dosieren lässt. Außerdem müsste man nach jeder Bremsung den Schirm wieder ordentlich zusammenfalten.
Die meisten Bremssysteme, insbesondere im öffentlichen Personenverkehr, aber auch bei LKW und Güterzügen, sind auf dem Prinzip des Federspeichers konsturiert. Einfach gesagt sind alle Bremsen mit einer Feder ausgestattet, die den Bremsbelag andrückt. Um fahren zu können, muss gegen die Feder eine Kraft aufgewendet werden.
Druckluftgesteuerte Bremse
Dies geschieht im allgemeinen durch Druckluft, die von einem Kompressor im Zugfahrzeug / in der Lokomotive geliefert wird. Der Vorteil dieser Konstruktion ist, das ein Ausfall einer Komponente (geplatzter/abgerissener Schlauch, defekter Kompressor) eine sofortige Bremsung durch die Speicherfedern zur Folge hat.
Deswegen zischen LKWs so, wenn sie anhalten: sie lassen Luft ab, damit die Speicherfedern bremsen.
Um ein Fahrzeug mit Druckluft-Federspeicher-Bremse OHNE das zugehörige Zugfahrzeug bewegen zu könnne, muss die Bremse mit einer „Hilfs-Löse-Einrichtung“ geöffnet werden. Nach Ende,des Schiebe- oder Rangiervorgangs ist die Hilfslöseeinrichtung wieder in Betriebsstellung zu bringen, da die Bremse sonst nicht wirksam ist.
Saugluft-Bremse
Die Saugluft-Bremse (auch „Vakuum-Bremse“ genannt) ist im Prinzip vergleichbar mit der o. a. Federspeicher-Druckluft-Bremse. Im Unterschied dazu werden beim Saugluft-System die Bremsen durch Unterdruck „offen“ gehalten. Beim Bremsvorgang wird das System belüftet, also mit dem herrschenden atmosphärischen Druck verbunden, die Federspeicher drücken die Beläge an. Auch hier ist der Vorteil, das ein undichtes System nicht ausfällt, sondern eine Bremsung auslöst. Anstelle von Speicherfedern kann teilweise die Schwerkraft der Vakuum-Kolben ausgenutzt werden.
Bauarten
Reibungsbremse
Klotzbremse
Diese findet man heute noch an alten Pferde-Fuhrwerken und vielen Eisenbahnwagen. Auch an vielen Dampflokomotiv-Modellen sind die Klotzbremsen nachgebildet.
Ein Bremsklotz wird über ein Hebelsystem auf die Lauffläche der Räder gedrückt, die Reibungshitze entspricht wiederum dem Energieentzug des rollenden Gefährts. Die Wirksamkeit solcher Bremsen hängt stark von der Haltbarkeit und Wärmeaufnahme-Kapazität des verwendeten Klotzmaterials ab.
Trommelbremse
Mit dem Rad rotiert ein Hohlzylinder, die sogenannte Bremstrommel. Über Hebel werden Bremsbeläge von innen gegen die Trommel gedrückt, um die Reibung zu erhöhen.
Dieser relativ preiswerte Typ wurde früher gerne im Automobilbau verwendet, hatte aber einen großen Nachteil: Bei ständigem Bremsen z. B. auf langen Gefälle-Strecken kann sich die Trommel so sehr erwärmen und damit ausdehnen, dass die Beläge keine ausreichende Wirkung mehr erzielen.
Scheibenbremse
Mit dem Rad rotiert eine Scheibe, auf der der sogenannte Bremssattel wie eine Zange um die Scheibe greift. In diesem Sattel befinden sich die Bremsbeläge, die gleichzeitig von beiden Seiten gegen die Scheibe drücken.
Zur erhöhten Wirkung sind Bremsscheiben auch zweilagig konstruiert, mit einem gestützten Zwischenraum, dieser ermöglicht eine Innenbelüftung und damit bessere Kühlung der Scheibe.
Nutzbremse
Die Nutzbremse (auch „Rückspeisung“ genannt) kommt dem Prinzip „Schubumkehr“ noch am nächsten:
Das Prinzip „Kinetische Energie zu elektrischer Energie“ findet bei der Bahn Anwendung. Entsprechend ausgerüstete Elektrolokomotiven können ihre Fahrmotoren „umpolen“, so dass sie als Generatoren wirken. Der erzeugte Strom wird über die Stromabnehmer wieder ins Fahretz geleitet und kann von anderen Lokomotiven genutzt werden. Die zu erbringende Leistung der Generatoren verzögert die Lokomotiven wirksam, nimmt aber mit fallender Geschwindikeit ab!
Eine Variante nutzt man bei Modell-Lastwagen, die einen zu großen Auslauf haben. Um sicher auf den Stopp-Stellen zum Stehen zu kommen, wird der Motor umgepolt und kommmt damit sofort zum Stillstand. (⇒ Car-System)
Widerstandsbremse
Eine Rückspeisung ist nicht möglich, wenn die Fahrmotoren im Brems-Modus Gleichstrom erzeugen, das Fahrleitungsnetz aber Wechselstrom führt. Die „Wechsel-Umrichtung“ des Gleichstromes wäre unverhältnismäßig aufwändig. In solchen Fahrzeugen sind entsprechend dimensionierte elektrische Widerstände eingebaut, in denen der abgegebene Strom wiederum zu Wärme umgeformt („verbrannt“) wird.
Auch Nutzbremsen sind zur Erhöhung der Bremswirkung gelegentlich mit zusätzlichen Brems-Widerständen ausgerüstet.
Wirbelstrombremse
Eine Variante der Rückspeisung, die in LKW und Omnibussen angewendet wird. Eine Achse des Fahrzeuges wird als Generator gestaltet und gleichzeitig als Elektro-Motor. Schaltet man den Generator ein, so wird der Elektromotor angeregt, allerdings GEGEN die aktuelle Laufrichtung. Damit bremst sich das Fahrzeug selbsttätig ab. Vorteil dieser Syteme: Diese Bremse arbeitet praktisch verschleißfrei und entlastet im Gefälle die Betriebsbremse. Nachteil: sie kann das Fahrzeug nicht zum Stehen bringen, da mit fallender Geschwindigkeit auch die Leistung des Generators zurückgeht.
Magnetschienenbremse
Hier werden Wirbelstrombremse und Reibungsbremse kombiniert!
Zwischen den Radsätzen eines Dehgestells von Personenwagen ist ein Elektro-Magnet angebracht, der in einer Notbremssituation eingeschaltet und pneumatisch auf den Schienenkopf abgelassen werden kann. Die magnetische Haftwirkung erzeugt eine extrem hohe Reibung, die den Wagen durch das Prinzip „Kinetische Energie zu Wärme“ zum Stehen bringt.
Zusätzlich entstehen zwischen Magnet und Schiene Wirbelströme, die eine zusätzliche Verzögerung bewirken. Da die Reibungskräfte mit sinkender Geschwindigkeit zu- und die Wirbelstromkräfte abnehmen, wirkt die Bremse im Vergleich zu einer reinen Reibungsbremse im gesamten Bereich relativ linear!