Elektrifizierung
Elektrifizierung nennt man speziell bei der Eisenbahn die Umstellung des Betriebs von Dampf- oder Diesel-Traktion auf elektrische Triebfahrzeuge, die dabei eine Stromzuführung für ihre Motoren von außen benötigen.
Sichtbares äußeres Zeichen ist das Anbringen der Fahrleitung (Oberleitung) oder einer Stromschiene zur Stromversorgung (bei S- oder U-Bahnen).
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Geschichte
In der Frühzeit der Elektrifizierung wurde mit unterschiedlichsten Strom- und Antriebsarten experimentiert. So gab es beispielsweise Versuchslokomotiven, die mit Drei-Phasen-Drehstrom-Motoren ausgerüstet waren. Die Versorgung erforderte drei getrennte Fahrleitungen, die neben dem Gleis übereinander angeordnet waren, eine Art Turmkonstruktion auf der Lokomotive trug drei Stromabnehmer, die seitlich gegen die Fahrdrähte drückten. Diese Konstruktion war natürlich für Weichen und Kreuzungen vollkommen ungeeignet.
Heute ist das elektrifizierte Streckennetz weltweit zumeist mit einem einzelnen Fahrdraht überspannt, den Gegenpol bildet das Gleis. Die Fahrleitung führt entweder Einphasen-Wechselspannung oder Gleichspannung in der Größenordnung von 1500 Volt bis 25 kV.
Das Netz der Deutschen Bahn AG wird weitestgehend mit 15 kV 16,7 Hz Wechselspannung betrieben, ebenso das Schweizer und österreichische Netz, Norwegen und Schweden verwenden weiterhin 16 ⅔ Hz. In den Niederlanden und im südlichen Frankreich wird 1500 Volt Gleichspannung genutzt, in Belgien, Polen und Italien 3000 Volt. Die restlichen Nachbarländer setzen inzwischen auf 25 kV 50 Hz Wechselspannung, insbesondere auf den neuen Hochgeschwindigkeitsstrecken.
Wenn beim Grenzübertritt eine andere Spannung am Fahrdraht anliegt, musste daher früher die Lokomotive getauscht werden. Die heutige Lösung sind sogenannte Mehrsystem-Lokomotiven wie die Baureihe 184, die mit mehreren Pantographen und verschiedenen Transformatoren ausgestattet sind. Beim System-Wechsel wird in einem „toten Bereich“ bei rollendem Zug abgebügelt, das elektrische System der Lokomotive umgeschaltet und der entsprechende Pantograph anschließend angelegt.
Besonders in der Schweiz wurde frühzeitig elektrifiziert, was kaum verwundert. Strom aus Wasserkraft war in den Alpen immer leichter verfügbar als fossile Brennstoffe.
Allgemeines
Bei der Darstellung einer Modellbahn-Landschaft, die ernsthaften Ansprüchen genügen soll, gilt es als unverzeihlicher Stilbruch, Elektrolokomotiven auf nicht elektrifizierten Strecken verkehren zu lassen. Der vorbildtreue Modellbahner steht also vor der Entscheidung: Verzichte ich vollständig auf Elektrotraktion, womit ich mich mehr oder weniger auf die Darstellung früherer Epochen festlege? Oder investiere ich in die nötige Hardware, um mein Streckennetz – zumindest in Abschnitten – mit Fahrdraht auszurüsten? Mit letzterer Option einher geht, dass elektrifizierte Strecken bei Betriebsstörungen – zm Beispiel bei Entgleisungen – schwerer zugänglich sind!
Mit dem Aufkommen der ersten Modelle elektrischer Lokomotiven wurden auch die Modell-Oberleitungen entwickelt. Einige konnten funktionsfähig installiert werden, also den Elektrolokomotiven über ihre Pantographen tatsächlich den benötigten Fahrstrom zuführen. Isolierstücke bildeten das Gegenstück zum Schienen-Isolierer, so dass auch Stromkreistrennungen und Halteabschnitte vor Signalen realisiert werden konnten. Damit war bei Verwendung zweier analoger Fahrgeräte bereits der unabhängige Betrieb zweier Züge auf demselben Gleis möglich.
Optisch nachteilig war allerdings die recht grobe Bauform früher Oberleitungs-Systeme. So waren die Fahrdrähte von Märklin aus vernickeltem Blech gestanzt, etwa 0,7 mm stark. Damit hätte der Fahrdraht im Original ein „Kaliber“ von 6 × 6 cm, also eher Kantholz als Draht. Ebenfalls vorbildwidrig war die Verlegung in Kurven: Die Fahrdrahtstücke wurden, dem Kurvenradius folgend, leicht gebogen eingehängt.
Heute sind vielfältige Oberleitungs-Systeme für Modellbahnen erhältlich, die filigraner und vorbildtreuer gestaltet sind. Auf die elektrische Funktion wird weitgehend verzichtet, da eine Fahrleitung niemals so kontaktsicher sein kann wie ein Spannung führendes Gleis. Im digitalen Betrieb würde das zu häufigen Betriebsstörungen führen. Der frühere Vorteil der unabhängigen Zugsteuerung ist bei den heutigen Möglichkeiten des Digitalbetriebs sowieso kein Argument mehr.
Hinweise für den Aufbau
Wie erwähnt ist die Verlegung des Fahrdrahtes in der Kurve verpönt, wenn der Draht dabei gebogen wird. Im Vorbild ist der Draht gespannt, also geradlinig! Im Modell erreicht man dies durch kürzere Fahrdrahtstücke und einen entsprechend geringeren Abstand der Fahrleitungsmasten zueinander.
An freier, mehrgleisiger Strecke stehen die Fahrleitungsmasten einander immer genau gegenüber. Das ist mit vorkonfektionierten Fahrdrahtstücken nicht immer realisierbar, besonders wenn weite Kurven mit Flexgleisen gebaut wurden. Hier hilft nur die individuelle Anpassung der Fahrdrähtrn. Überhaupt sollte man sich mit dem Gedanken vertraut machen, die Teile der Oberleitung nach eigenem Bedarf zu modifizieren. Denn das Angebot der Industrie ist hinsichtlich der Gleis-Abstände und -Längen natürlich genormt. Bei individuellem Gleisplan, z. B. einem Bahnhof im Verlauf einer weiten Kurve, kann die Normware nicht mehr richtig passen. Und das Verwenden vonn vorgefertigten Ausgleichstücken ist optisch keine ernstzunehmende Alternative.
Fahrleitungsmasten – wie übrigens auch sonstige Masten von Signalen, Schilderpfosten, Geländerstützen etc. – stehen immer genau senkrecht! Ein ohne weiteres einfach auf das Trassenbrett gestellter Mast würde senkrecht zu diesem stehen, also je nach Neigung des Untergrundes schief in den Himmel ragen. Dies lässt sich durch Unterlegen mit Pappstreifen oder Keilen verbessern.
Ein gerne gemachter Fehler ist der falsche Stellplatz für die Masten. Der Mast steht weder im Schotterbett, noch auf dem Planum! Siehe dazu Gleis#Oberbau.
Das Mastfundament steht neben dem Planum. Bei Brückenkonstruktionen oder Streckenführung in engen Fels-Anschnitten sieht man häufig spezielle Halterungen, die den Mast außenbords aufnehmen. Auch ist es durchaus üblich, den Fahrdraht-Träger ohne Mast unmittelbar an einer (Fels-)Wand zu befestigen.
Beim Überspannen von mehrgleisigen Bereichen, etwa Bahnhofsanlagen, ist die Verwendung von Quertragewerken angezeigt. Der Versuch, einen Großbahnhof jeweils mit einzelnen Fahrleitungsmasten auszustatten, führt meist zu unüberwindlichen Problemen bei der Plazierung der Masten. Bei Kleinbahnhöfen ist es jedoch durchaus üblich, nötigenfalls werden in die Bahnsteigüberdachungen passende Aussparungen gesägt, um die Masten auf dem Bahnsteig aufstellen zu können.
Im Modell kaum je realisiert, gehört der Wechsel des Fahrdrahtes zu den sehr regelmäßigen Erscheinungen beim Vorblid. Der Draht kommt nun mal von der Rolle, ist also nicht endlos. Nach rund 2000 Metern ist Schluss! Das Ende bzw. der Anfang eines solchen Fahrdrahtes wird schräg neben die Strecke geführt und von einem Spannwerk auf Zug gehalten. Das sind diese Dinger an niedrigen Gittermasten mit ein Paar Zahnrädern und einem Packen hängenden Gewichtsstücken. Kurz vor dieser schrägen Ausleitung wird ein ebenso gespannter neuer Draht von einem anderen Spannwerk über die Strecke geführt und setzt die Elektrifizierung fort. Solche fachgerecht aufgebauten Spannwerkspaare sind immer ein Hingucker.
Weblinks
- Elektrifizierung von Bahnstrecken in der deutschsprachigen wikipedia